Der Lawinenwinter 1598 in Graubünden

“Im anfang des iars ist ein groser schnee gefalen und hat den ganzen winter us geschnyt.

Do ist uf den 17. Tag Hornung an einem frytag gross schrecken, elent, iamer, angst und not durch die schneelöüwinä entsprungen.

In Bargäll, Rynwalt, Safien etc. habents vil ställ mit dem vech zuo grünt gericht.

Im Gampoltschyn (Campodolcino) sint 18 personen durch den schnee umbs laben komen.

Zuo Ferara in Schams hat ein schneelöüwi ein Hus umgstossen, die stuben aber ist ganz bliben, darinnen 7 personen, darunder ein kintbetteri, sich läbent salviert, dann die von Ander hand angenz das hus vsgraben und die 7 personen erlediget, der Husvater aber mit 2 sönen wurdent tod gefunden.

Zuo Luwyn, gehört gen Wurmbs, sind 50 menschen durch den schnee ummkommen.

Im Engadyn hats 40 personen costet, alermeist im Münstertal.

Am 9. Aprelen haben die schneelöüwinen in Vals 4 hüser nidergerissen, sampt 6 mentschen getöd, 150 höpter vech ummbracht und 35 höügäden gar weg genommen."
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Quelle: Hans Ardüser’s Chronik. [Fortsetzung] In: Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden, Band 16 (1870-1871)
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Brügger präsentiert in seiner Naturchronik folgende Informationen zum Ereignis:

“1598. Aus Bünden berichtet Ardüser wie folgt: "Im Anfang des Jahrs ist ein grosser Schnee gefallen und hat den ganzen Winter us geschneit. Da ist auf den 17. Hornung gross Schrecken, Elend, Jammer und Noth durch die Schneelauinen entsprungen. In Bergell, Rheinwald, Safien, etc. haben sie viel Ställ samt Vieh zu Grund gerichtet; in Campodolcino sind 18 Personen, im Engadin und Münstertal 40, in Livignio (gehört gen Bormio) 50 Menschen durch den Schnee umkommen. Zu Ferrera in Schams hat eine “Schneelöüwi” ein Haus umg’stossen, die Stuben aber, sammt 7 Personen darinnen, ist ganz blieben, als die von Andeer das Haus ausgruben und die Verschütteten (worunter eine Wöchnerin) erlösten, wurde der Hausvater mit zwei Söhnen todt gefunden. Am 9. April haben die Lauinen in Vals 4 Häuser niedergerissen, 6 Menschen getötet, 150 Stück Vieh umgebracht und 35 Heugäden gar weggenommen."
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Quelle Brügger, C.G.: Beiträge zur Naturchronik der Schweiz, insbesondere der Rhätischen Alpen. Teil II. Naturchronik des sechzehnten Jahrhunderts. Beilage zum Programm der Bündnerschen Kantonsschule. Buchdruckerei Casanova, Chur, 1877.