Lawinenniedergang in Selva, 1808
Am 13. Dezember 1808 ging in Selva eine verheerende Lawine nieder.
J. R. von Salis-Marschlins schreibt 1809:
«Zu Selva riss, 13ten Nachts, eine Lawine den untersten Theil des Dorfs, wohin die Einwohner sich geflüchtet hatten, hinweg, zertrümmerte 6 Häuser, 5 Ställe, und bedeckte 43 Personen, wovon nur 17 wieder lebendig hervorgegraben wurden. 35 Stück Vieh, und fast 200 Stück Schmalvieh, kamen um.«
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Walter Leeman schreibt 1929 in seiner «Landschaftskunde des Tavetsch» über das Ereignis:
«Das Dorf liegt dreissig Meter über dem Rhein auf einer Terrasse und lehnt sich nach Norden an eine abschüssige Wand an, von deren Seite her der Siedlung die grösste Lawinengefahr drohte. Der zweite Lawinenzug ging von den Alpweiden Mott und Noal durch das Tobel Ruinatsch nieder, war aber bedeutend seltener.
Im Winter 1808 schneite es unaufhörlich; die ganze Ortschaft siedelte in die dem Rhein am nächsten gelegenen Häuser um, um möglichst weit aus dem Bereich der fast alljährlich niedergehenden Nordlawine zu kommen. Dadurch liefen die Selver dem Unglück in die offenen Arme, denn diesmal löste sich auf der Südseite eine furchtbare Lawine los, die sich über den Rhein hinüberwälzte, am jenseitigen Hang emporbrandete und die unteren Häuser, die vermeintliche Zufluchtsstätte der Menschen, samt und sonders begrub. Das Unglück wuchs sich dermassen aus, weil gleichzeitig zwei Lawinen vom Südhang niedergingen, in spitzem Winkel aufeinanderprallten und sich dadurch so gewaltig aufstauten, dass die Schneemassen am andern Berghang emporschossen.»
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Auch Johann Wilhelm Fortunat Coaz erwähnt diese Lawine in seinem Buch «Die Lauinen der Schweizeralpen»:
«Im Oberland sind Safien, Vals, Vrin und Tavetsch reich an Lawinen; in letztgenannter Thalschaft sprach man ernstlich davon, die Ortschaft Selva, die von drei Lauinen bedroht ist, zu verlegen. Am zerstörendsten trat die Lauine von Ruinatsch den 13. Dezember 1808 auf, indem 25 Personen in ihr das Leben verloren, 17 dagegen noch lebend ausgegraben werden konnten; 6 Häuser und sämtliche Ställe, mit Ausnahme eines einzigen, wurden zerstört.»
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Quellen
Salis-Marschlins, J. R. (1809): Meteorologische Beobachtungen des Jahres 1808. In: Der neue Sammler. Ein gemeinnütziges Archiv für Bünden. Vol. 5, 151-201
Leemann, Walter: Zur Landschaftskunde des Tavetsch (Natur, Wirtschaft, Siedlung). In: Mitteilungen der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft Zürich, Band 29 (1928-1929)
Johann Wilhelm Fortunat Coaz: Die Lauinen der Schweizeralpen. Bern, 1881
Der Lawinenwinter 1808 in der Geschichte Graubündens.
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