Der Lawinenwinter 1887/1888 in Graubünden

Im Winter 1887 / 1888 gingen in der Schweiz weit über tausend Lawinen nieder. 49 Menschen und mehr als 600 Tiere wurden getötet. Insgesamt wurden 850 Gebäude zerstört oder beschädigt sowie 1’350 Hektaren Wald zerstört.

Bilanz des verheerenden Lawinenwinters in Graubünden:

  • 574 Lawinenniedergänge
  • 16 Menschen getötet
  • 33 Stück Vieh getötet
  • 225 Gebäude zerstört oder beschädigt
  • 551 Hektaren Wald vernichtet
    .

Quelle Johann Wilhelm Fortunat Coaz: Der Lauinenschaden im schweizerischen Hochgebirge im Winter und Frühjahr 1887-88. Bern, 1889
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In der Naturchronik der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens ist zu lesen:

“Wie im benachbarten österreichischen und im gesammten schweizerischen Alpengebiete waren im Winter 1887/88 vielfach unerhörte Schneemassen gefallen, in Folge deren eine ganz unglaubliche Menge von Lawinen allerseits zu Thal fuhr, Wälder, Strassen, Brücken, Gebäude unter ihrer Wucht verheerend und dabei manches Menschen- und Thierleben vernichtend.

Am zahlreichsten waren die Fälle während des Februars, doch auch gegen Ende des Monates März lösten sich noch sehr beträchtliche Schneemassen los, einzelne sogar noch Mitte Mai. Der Schnee lag vielfach bis 1—3 m hoch, also noch höher als in dem in neuerer Zeit schneereichsten Winter 1874/75. (Vergl. J, B. XX. p. 95).

Um nur Einzelnes aufzuführen, so stürzte am 13./II. eine Lawine bei Süs herunter, mächtig genug, den Inn so zu stauen, dass sich eine seeartige Wassermasse gegen das Dorf drängte, und der Fluss nur mit äusserster Mühe wieder frei gemacht werden konnte.

Am 26./II. kamen drei Lawinen nach Selma (Calanca) herunter; die stärkste brach sich zwar an der Kirche, immerhin wurden einzelne Häuser zerstört und andere geschädigt.

Am 31./III. stürzten vollends im ganzen Thal so massenhaft Lawinen herunter, dass dasselbe nachgerade „nur eine Lawine" war, die Strasse an zahlreichen Stellen zerstört und namentlich auch der Wald in empfindlicher Weise verheert wurde.

In den nämlichen Tagen kamen auch im ganzen Engadin zahlreiche Lawinen herunter, so allein ihrer sieben zwischen Ofen und Zernetz, dann von Silvaplana bis nach Casaccia hinüber.

Aber nicht minder hatte man im Oberland, auf Davos im waldentblössten Avers, dessen 25jährige Schonung vernichtet wurde, im Kreise Belfort über den mannigfach angerichteten Schaden zu klagen, wie auch der Verkehr über unsere Bergpässe vielfache Unterbrechungen erlitt.

Nebenbei wurde auch vielfach der Wildstand geschädigt, namentlich die Rehe; bei einer Davoser Villa fanden sich sogar nach Futter suchende Schneehühner ein. Anderwärts wurden Waldkulturen und Baumschulen durch Hasen benagt und geschält. Noch in der ersten Hälfte des April’s gab es neuerdings einen starken Schneefall. Manche Lawinen blieben daher die längste Zeit liegen; so konnte diejenige in Val Roseg erst am 11. Juli für das Rad offen gemacht werden.

Im Auftrage des Schweiz. Industrie- und Landwirthschaftsdepartements wurde durch Oberforstinspektor Coaz der Lawinenschaden im gesammten schweizerischen Hochgebirge aufgenommen. Für Graubünden ergaben sich darnach im Ganzen 574 Lawinen (48 % Staublawinen, 42 % Gruudlawinen, und an 10 % gemischte Formen, Schneerütsche u.s.w.) mit einem Waldschaden von 30‘703 Festmeter Holz.

An Gebäuden wurden 17 Wohnhäuser, 155 Ställe und 53 sonstige Gebäude zerstört; Personen wurden 29 verschüttet, davon nur 13 gerettet werden konnten; an Vieh gingen von 38 verschütteten Stücken 33 zu Grunde.

Für die ganze Schweiz ergaben sich: 1094 Lawinen, beschädigte Holzmasse 82‘091 Festmeter, zerstörte Gebäulichkeiten 850, verschüttete Strassen und Wege 198, gestaute Gewässer 196; von 84 verschütteten Personen sind 49; ebenso von 752 Stücken Vieh 665 umgekommen."
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Quelle Naturchronik 1888. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden. Band 33 (1888-1889)


Weiterführende Literatur


Johann Wilhelm Fortunat Coaz: Der Lauinenschaden im schweizerischen Hochgebirge im Winter und Frühjahr 1887-88. Bern, 1889


Flugi, Alphons v.: Beiträge zur Naturchronik und Klimatologie des Ober-Engadins 1850-1900. In: Bündnerisches Monatsblatt: Zeitschrift für bündnerische Geschichte, Landes- und Volkskunde, Band 1920, Heft 10

46.561 9.90287 red
46.4189 9.72526 red
46.4578 9.77667 red
46.5241 9.84894 red
46.4622 9.88628 red

Der Lawinenwinter 1887 / 1888 in der Geschichte Graubündens.

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